Diese Verse von Novalis können vielleicht als Motto für das künstlerische Schaffen von Helga Thiel-Ballien und Tilo Ballien dienen. Realität und Poesie sind für sie keine
Gegensätze: Während man träumt, sind die Träume die Realität, in der man sich befindet – und manchmal darüber hinaus in den Alltag hinein.
Sich mit der Realität auseinander zu setzen und sich gleichzeitig das Recht aufs Träumen zu bewahren, kennzeichnet den Lebensweg der beiden.
Helga Thiel-Ballien, in Wien geboren und in Berlin-Wilmersdorf aufgewachsen, macht nach der Schule auf Wunsch der Eltern eine
Lehre als Rechtsanwalts- und Notariatsgehilfin, um dann aber doch ihren Lebenstraum, Schauspielerin zu werden, durchzusetzen. Die Schauspielschule bei der bekannten Lehrerin Else Bongers verdient
sie sich mit Nebenjobs als Sekretärin, mit Komparserie und ersten kleinen Rollen am Schillertheater und der Freien Volksbühne Berlin.
Tilo Ballien wächst in einem kleinen Dorf in der Nähe von Göttingen
in Niedersachsen auf, eine Kindheit, die er vorwiegend im Wald oder mit der Nase im Buch verbringt, beides Welten voll seltsamer Gestalten und Begebenheiten. Ernüchterung bringen der Besuch des
Gymnasiums in der Stadt, später auch Zivildienst und Studium der Germanistik und Publizistik. Ans Theater gerät er eher zufällig: Das Junge Theater Göttingen sucht einen Kulissenmaler, und Tilo sucht einen Job.
Dort lernen Helga und Tilo, inzwischen Regie-Assistent und Dramaturg, einander kennen, als Helga nach einem ersten festen Engagement in Münster dort einen Zweijahresvertrag
unterschreibt. Bald werden sie über das berufliche Verständnis hinaus ein Paar und haben das Glück, in den folgenden Jahren fast immer zusammen arbeiten zu können. Zuletzt bei
der vielen vielleicht noch gut bekannten Theatermanufaktur, der Freien Gruppe Berlins. Man erinnere sich an so erfolgreiche Stücke wie „1848“, “Johann Faustus“ oder „Murieta“
und „Die Rundköpfe und die Spitzköpfe“.
Ende der 80er Jahre bemerken beide, dass etwas Neues beginnen muss. Sie geben die Theaterarbeit auf, arbeiten journalistisch und in etlichen kulturellen Projekten, später
gelegentlich auch wieder einmal mit der Theatermanufaktur, und beginnen zu schreiben. Inzwischen sind von Helga mehrere Kurzgeschichten erschienen, ebenso von Tilo, der
bisher auch drei Romane veröffentlich hat. Seit Ende 2013 veröffentlichen sie auch E-Books.
Wichtig in ihrem Leben ist für Helga und Tilo auch immer ihr politisches Engagement. Sie sind in der Chile-Solidarität aktiv, betreuen über etliche Jahre den politischen Gefangenen
Luis Quintana Contreras, bis er Anfang 1990 gemeinsam mit anderen Häftlingen aus dem Hochsicherheitsgefängnis von Santiago de Chile ausbricht, und reisen während der
Revolutionszeit der 80er Jahre mehrfach nach Nicaragua. Sie erleben einen Realität gewordenen Traum, der nicht nur schön und harmonisch, sondern vielfach auch
widersprüchlich ist und schließlich brutal zusammengeschossen wird. In Nicaragua unterstützen sie neben anderen Projekten die Theatergruppen Nixtayolero und
Cihuatlampa, für die sie sechs Europa-Tourneen organisieren. Tilo arbeitete u.a. auch viele Jahre lang für den „Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Kreuzberg – San Rafael
del Sur e.V.“.
Schreiben wurde nach dem Theater die erste, neue Ausdrucksform für Helga und Tilo. Dann kam das Malen hinzu.
Es gibt Geschichten, die muss man aufschreiben. Und es gibt Geschichten, die man besser malt. Deshalb war Helga Thiel-Ballien und ist Tilo Ballien auf beiden Gebieten aktiv.
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